Wie man früher Wiedergänger stoppen wollte
Was, wenn der Tote zurückkommt?

Können Verstorbene wiederkehren?
Was heute wie Stoff aus Gruselgeschichten oder düsteren Filmen klingt, war im Mittelalter und der frühen Neuzeit für viele Menschen bittere Realität: Die Vorstellung, dass Verstorbene als sogenannte Wiedergänger zurückkehren könnten – nicht als harmlose Geister, sondern als unheilvolle Wesen, die Krankheit, Tod oder Wahnsinn über die Lebenden bringen.
Solche Ängste waren tief im Volksglauben verwurzelt – und sie führten zu einer Vielzahl drastischer Maßnahmen, mit denen man versuchte, die Toten im Grab zu halten.

Rituale gegen das Wiederkommen
Hier ein Überblick über einige der faszinierendsten Praktiken, die aus archäologischen Funden, historischen Berichten und volkskundlichen Quellen überliefert sind:

1. Beschwerung des Leichnams
Schwere Steine wurden auf Brust, Kopf oder Beine gelegt, um die Leiche buchstäblich am „Aufstehen“ zu hindern. In manchen Fällen versiegelte man sogar das gesamte Grab mit Felsplatten.

2. Pfählung
Ein Pfahl – aus Holz, Eisen oder Dornenholz – wurde durch den Körper, meist durch das Herz, getrieben. Diese Maßnahme sollte die Seele „festnageln“ und das vermeintliche Wiederkehren physisch unmöglich machen. Bekannt aus Vampirmythen, war die Praxis in vielen Teilen Europas verbreitet.

3. Verstümmelung
Zur Sicherheit wurden bei manchen Bestattungen Gliedmaßen abgetrennt oder Sehnen durchtrennt. Ziel war es, dem Toten die Fähigkeit zu nehmen, zu sehen, zu greifen oder sich fortzubewegen. In Extremfällen wurden Körperteile sogar separat bestattet.

4. Mundverschluss
Um das „Sprechen“ oder „Schmatzen“ des Toten zu verhindern – typische Anzeichen eines sogenannten Nachzehrers – legte man Steine, Münzen oder sogar Eisenstücke in den Mund. Diese rituelle Geste sollte verhindern, dass der Tote Flüche ausstoßen oder lebende Seelen „rufen“ konnte.

5. Verwirrung des Geistes
Ein eher symbolischer Schutz: Manche Leichname wurden mit dem Gesicht nach unten beerdigt oder in sich verdreht. Auch das Streuen von Mohnsamen oder das Einbinden von Knoten im Leichentuch gehörten dazu. Man glaubte, der Wiedergänger müsse jeden Samen zählen oder die Knoten lösen, bevor er handeln könne – was ihn davon abhalten sollte, die Lebenden zu stören.

6. Bestattung außerhalb geweihter Erde
Wer als besonders gefährlich oder „unrein“ galt – etwa Selbstmörder, Hingerichtete oder vermeintliche Hexen – wurde nicht auf dem Friedhof, sondern an Kreuzwegen, Waldrändern oder Richtstätten begraben. Möglichst weit entfernt von der Gemeinschaft.

7. Rituelle Schutzmaßnahmen
Weihwasser, Kreuze, Amulette, Gebete oder Bannflüche sollten entweder den Toten binden oder ihn erlösen. Diese Praktiken standen oft an der Grenze zwischen christlichem Ritus und volkstümlicher Magie.

Was bedeutet das für die heutige Bestattungskultur?
Selbstverständlich glaubt heute kaum jemand ernsthaft an Wiedergänger – und dennoch spiegeln sich viele dieser alten Ängste in modernen Mythen, Filmen oder Aberglauben wider. Für Bestatter und Bestatterinnen bieten diese historischen Praktiken nicht nur spannende Einblicke in vergangene Bestattungskulturen, sondern auch wertvolle Impulse für die heutige Gestaltung von Ritualen.
Sie zeigen, wie sehr Rituale – damals wie heute – dabei helfen können, das Unfassbare begreifbar zu machen. Wo früher Steine und Pfähle zum Einsatz kamen, schaffen heute Musik, Symbolhandlungen oder persönliche Abschiedsrituale Halt und Bedeutung.