Warum ich so wenig in den Sozialen Medien bin (Teil 2)
Zeitmangel

Zwei Sichtweisen - zwei Erfahrungen
Ich stöhnte gerade: „Social Media und Website kosten so unglaublich viel Zeit. Ich schaffe das alles kaum.“
Sie lächelte auf mich herab: „Neeiiin, das geht doch ganz schnell.“
Ich holte tief Luft und überlegte im Hinterkopf, wie antworten… Doch das nahm mir eine andere Teilnehmerin ab: „Nein, wenn Du das richtig machen willst, dann kostet das richtig Zeit..“

Meine Tage sind schon jetzt rappelvoll
Ein typischer Tag sieht bei mir oft so aus:
- Fortbildung absolvieren
- Morgens ein Training vorbereiten
- Emails checken/bearbeiten
- Klärung und Absprachen mit Kollegen
- Mittags ein Beratungsgespräch führen
- Nachmittags an einem neuen Blogpost arbeiten
- Buchrecherche/Inhalte schreiben
- Abends noch schnell die E-Mails checken
- Arbeitsmaterialien recherchieren & Sanierung planen
Dann hüpft da hinein noch die Frage, ob ich dies oder das schon gemacht habe? (Je voller der Tag und die To-Do-Liste desto häufiger verliere ich den Überblick.) Also raus aus dem aktuellen Gedankengang, kurz den Seitengedanken erledigen und wieder zurück. Viel lagere ich an die KI aus, lasse sie eine Recherche oder einen Entwurf machen und erledige parallel eine andere Arbeit. Oder der Kopf denkt und die Hand erledigt anderes. Beim Verputzen z.B. kann ich super Gedankengänge entwickeln.
Wo bleibt da die Zeit für regelmäßige Posts und Kommentare in den sozialen Medien? Die Sozialen Medien sind für mich ein echter Stopper. Richtig gemacht verlangen die Sozialen Medien totale Konzentration. – Aktiv kommentieren, Beiträge teilen, liken oder kleine Stories posten? Das klingt schön. Ist aber in meinem Alltag nur schwer umsetzbar.
Die Präsenz in den sozialen Medien erfordert genau das, was ich organisatorisch schwer leisten kann: kontinuierliche Präsenz und Interaktion.

Ihr Tag ist bestimmt genauso rappelvoll
- Behördengänge erledigen
- Klientenbesuch
- An-/Abmeldungen durchführen (Ämter, Behörden, Kassen, Mitgliedschaften…)
- Emails schreiben
- Schreiben aufsetzen
- Rechnungen erstellen
- Waren bestellen
- Abholung
- Einsargung und hygienische Versorgung
- Überführung
- Trauerfeier organisieren
- Trauerfeier vorbereiten/durchführen
- Aufklärungs-/Beratungsgespräch führen
- Anzeigen formulieren
- Trauerdruck führen
- Termine organisieren
- Trauerrede recherchieren/vorbereiten
Die Liste ist nicht vollständig, logisch oder chronologisch angelegt. Sie ist nur exemplarisch, denn ich sehe bei Ihnen ähnlich viele Aufgaben, die sich nur teilweise bündeln lassen. Vieles, gerade das was mit dem persönlichen Kontakt zu tun hat, ist schwer zu planen, schneit immer wieder ungeplant und unvorhergesehen herein, bringt durcheinander, hält auf, verhindert Multitasking.
Angesichts dessen bleibt auch bei Ihnen eine konsequente Social-Media-Arbeit auf der Strecke, aber häufig kommt noch ein zweiter Grund hinzu: Was ist denn das, eine strategische Social-Media-Arbeit? Die meisten von uns wissen zu wenig über strategische Arbeit.

Privatpräsenz ist nicht gleichzusetzen mit Unternehmens-Präsenz
Als Privatperson muss eine digitale Präsenz keinen tieferen Sinn haben. Social-Media-Strategie? Geschenkt. Es reicht wenn uns die sozialen Medien gefallen, Spaß machen… Privat können wir fröhlich liken, kommentieren, teilen und – posten.

Eine unternehmerisch sinnvolle Präsenz
Exakt: Als Unternehmer müssen wir anders denken. Eine digitale Präsenz zeichnet – genau wie ein Schaufenster oder unser Fahrzeug eine öffentliche Präsenz. Sie ist ein Versprechen, das wir unseren Kunden und Klienten geben. Und sie ist eine Kostprobe, ob wir diese Versprechen locker dahin werfen (wie das viele Vertriebler zu tun scheinen) oder ob wir halten, was wir ihnen zusagen. Wer Qualität verspricht, der muss sie auch liefern – (eigentlich) immer und überall, online wie offline.
Wenn ich übrigens von eigentlich spreche, dann meine ich nicht, das wir uns Lässigkeiten erlauben können. Das Eigentlich meint, daß kein Mensch perfekt ist. Fehler passieren, Fehleinschätzungen können uns unterlaufen. Ein Immer werden wir also nicht schaffen. Aber wenn wir etwas versprechen, dann sollten wir daran arbeiten, das zu halten. Können wir das nicht, sollten wir das erklären, frühzeitig, möglichst ungefragt und ehrlich.
Unser öffentliches Auftreten ist einer der Punkte, über die wir unsere Leistungen demonstrieren. Damit dokumentieren wir insgeheim, ob wir unsere Versprechen halten. Daher ist die soziale Präsenz auch so wichtig.
Sie will überlegt angegangen und durchgezogen sein. Und das kostet schon allein in der Vorbereitung Zeit und Energie. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe und es ist logisch, wenn sich viele Bestatter auf Messen an Agenturständen tummeln.

Eine unternehmerisch sinnvolle Präsenz ist dreigeteilt
Daher muss eine gute digitale Strategie meines Erachtens dreigeteilt sein:
- Es muss ein roter Faden existieren. Das verbirgt sich z.B. hinter einem langfristigen Content-Plan. Der muss auch zur Positionierung des Unternehmens passen. Meist zeigt er sich in einem Blog bzw. auf der eigenen Website. Er kann sich aber auch in einer Unternehmenspage z.B. auf Facebook oder LinkedIn zeigen.
Dieser Teil der Strategie lässt sich gut vorbereiten, das ist Ihre sichere Bank. - Natürlich müssen wir auch auf aktuelle Trends reagieren. Ein zweiter Strang ist also eher taktisch aufgebaut und orientiert sich an aktuellen Themen, Ereignissen, mit denen wir uns auseinandersetzen. Auch das zeigt sich auf dem Blog, z.B. in einer anderen Kategorie von Artikeln. Aber die können sie auch über Veröffentlichungen in den Sozialen Medien zeigen. Das können neben Posts auch Artikel sein.
Dieser Teil ist schlechter planbar. Um aktuell dabei zu sein, brauchen Sie immer wieder unvorhergesehen Zeit. Daher wird das hier eher hintüber fallen, wenn Sie online aktiv sind. - Der dritte Strang ist das Gespräch mit anderen Teilnehmern in den Sozialen Medien: Feed anschauen, liken – oder auch nicht, kommentieren, teilen. Das hier ist tagesaktuell, es ist unplanbar und muss regelmäßig in den Tag eingeplant werden. Unser linken, posten, Kommentieren steht für ein „Du“. Jetzt sind wir ganz beim Gegenüber. Die beiden zuerst genannten Stränge dagegen sind v.a. „ich“ oder „meins“. Wir teilen uns mit.

Interaktion braucht mehr als nur Präsenz
Aber das eigentliche Herzstück ist der Austausch: auf Kommentare eingehen, Rückfragen beantworten, Diskussionen anstoßen oder begleiten.
Ich weiß das. Ich lehre das sogar.
Aber in meinem Alltag fällt mir gerade dieser Teil schwer. Denn dafür brauche ich Zeit, die nicht zersplittert ist – sondern exklusiv und fokussiert. Und diese konzentrierten Zeiten sind selten. An den meisten Tagen schaffe ich das einfach nicht. Ich arbeite daran, mindestens einmal die Woche zu reagieren. Dann treibt es mich in meinen Antworten auf Anfragen oder Kommentare erst einmal zu einer Entschuldigung zum Auftakt.

Ein Anfängchen
Was mir hilft: Ich erlaube mir, kleine Schritte zu gehen.
Ein gut formulierter Artikel ist für mich immer noch einfacher als zehn Kommentare auf fünf Plattformen. Und vielleicht ist das okay. Vielleicht ist das mein Modus.
Aber – ich arbeite daran.

Unterstützung sinnvoll?
buero(at)impulse-fuer-bestatter.de

Wie geht es Ihnen?
Ich bin neugierig auf Ihre Perspektive.
Übrigens: Der nächste Artikel beschäftigt sich mit der Frage, warum sich die digitale Welt für einige so unreal anfühlt.