Impulse für Bestatter

Buchtipp: „Aufbau und Leitung eines Trauercafés“

Monika Müller-Herrmann hat ihr Buch im Verlag tredition veröffentlicht. Es handelt sich damit letztlich um ein selbstverlegtes Buch.

Die Eigenart selbstverlegter Bücher

Warum ich das voranstelle? Selbstverlegte Bücher unterscheiden sich von den kommerziell verlegten Büchern. Das ist nicht kritisch gemeint, sondern sie spiegeln eine andere Haltung wieder. Oft finden sich in dieser Kategorie ausgesprochen hilfreiche und sehr, sehr praxisorientierte Handlungsanleitungen, von denen einige mittlerweile sogar von Verlagen übernommen wurden.

Zwischen Handlungsanleitung und Projektbericht

Dieses Buch ist also selbstverlegt und damit wesentlich anders gestrickt als die Publikation des Patmos Verlages. Monika Müller-Herrmann nennt ihr „Aufbau und Leitung eines Trauercafés“. Damit erzeugt sie den Eindruck, sie hätte eine Handlungsanleitung geschrieben für all jene, die ein Trauercafé einrichten wollen. Doch das Buch hat noch einen Untertitel: „Ein Projektbericht“. Damit wird die Zielrichtung etwas klarer, denn ihr Buch unterscheidet sich deutlich von dem Produkt des Patmos Verlages. Und es unterscheidet sich deutlich von einer klassischen Anleitung.

Ist es deswegen schlecht? Nein. Aber – der Leser muss halt graben und schürfen.

Sperrig und nicht ganz stringent

Das Buch ist sperrig geschrieben, zeitlich als Projektbericht angelegt, es spiegelt eine eher wissenschaftliche Ausrichtung wieder, die es dem Leser nicht gerade leicht macht. Inhaltlich springt es immer mal wieder zwischen Bericht und Reflektion. Das irritiert zu Anfang bis der Leser allmählich das Muster erkennt. Für den Leser, der ja nicht vorgewarnt wird, wirken diese Reflektionen/Schlußfolgerungen, die manchmal auch in einen „Tipp“ überführt werden eher wie Doubletten: „Warum wiederholt sie sich hier?“ fragt sich der Leser und daran merkt man, daß in einem solchen selbstverlegten Buch oft das professionelle Know How fehlt. Damit werden diese sinnvollen und gut gemeinten Ansätze unglücklich umgesetzt.

Der Aufbau

Im Aufbau ähneln sich beide Bücher anfangs, denn zur Einführung beschäftigen sich beide Autorinnen mit trauertheoretischen Inhalten. Das macht Sinn, denn ein Trauercafé ist ein Begegnungsort für Menschen in Trauer. Die Einführung bereitet den vielleicht unbeleckten Leser auf die speziellen Situationen, die sich in einem Trauercafé ergeben können noch einmal vor.

Wechsel zu einem wissenschaftlich anmutenden Erfahrungsbericht mit einer Fülle an Tipps

Doch dann wechselt Müller-Hermann zu einem eher ein wissenschaftlich gehaltenen Bericht, der die Entwicklung eines Trauercafés quasi von der Idee zur Umsetzung über vier Jahre hinweg wiedergibt. Es wird keine Studie mit Handlungsempfehlungen, und damit leidet das Buch etwas darunter, daß die Autorin sich nicht ganz entscheiden kann, was sie will. Gleichzeitig offeriert sie dem Leser ein ganzes Füllhorn von praktischen Überlegungen, Erfahrungen und Tipps, die der Leser aber selbst herausarbeiten muss. Selten finden sich so viele sinnvolle praktische Informationen zum Aufwand und den Problemen eines Projektes:

  • Kosten
  • Personalbedarf
  • Qualifikation
  • Positionierung
  • Erwartbare Entwicklungen

Der Erfahrungsschatz beeindruckt

Damit bietet es sehr wertvolle Entscheidungs- und Implementationshilfen. Für mich wurde sehr deutlich, welch großen Erfahrungsschatz die Autorin ausbreitet, die uns miterleben lässt, was es bedeutet ein solches Projekt komplett seriös und fundiert implementiert zu haben. In Teilen schimmert da auch nicht nur ein Erfahrungs- sondern auch ein Leidensbericht durch, den die Autorin wissenschaftlich auszuwerten versucht. Es hat mich getroffen, wenn zum Schluss kurz und sachlich aufgeführt wird, daß die Nachfolgerin das Projekt nach nur zwei weiteren Terminen eingestellt hat – aus organisatorischen und Kostengründen.

Zum Schluss: Eine Totenklage

Das Baby ist mittlerweile tot. Und so wird mir als Leserin zum Schluss auch klarer, warum die Ziele dieser Publikation etwas diffus bleiben. Hier vermischen sich Erfahrungs- und Leidensbericht, mit Projektbericht und Studie, aber auch einer Totenklage um das geliebte Kind.

Der Bericht besticht durch viele kleine Hinweise

Dem Bericht fehlt der Glanz, aber er besticht durch die vielen Hinweise und Erfahrungen aus der Praxis. Die lässt Irrtümer und Konflikte nicht aus. Von der Finanzierung bis zur Qualfikation, von der Personalplanung bis zum Einkauf wird alles mehr oder minder intensiv behandelt und mit Beispielen unterfüttert.

Schreib es noch mal, aber mit einem klaren Ziel

Ich möchte der Autorin an dieser Stelle zurufen: Was für tolle Inhalte, so viele praktische Informationen. Klär jetzt noch mal das Ziel und schreibe es um.

Fazit

Müller-Herrmanns Buch „Aufbau und Leitung eines Trauercafés“ ist kein Ersatz für die Publikation „Praxisbuch Trauercafé“ von Mechthild Schroeter-Rupieper. Es ist vielmehr eine sehr gehaltvolle Ergänzung. Also kurz: Beide Bücher ergänzen sich, sie ersetzen sich nicht.

Monika Müller-Herrmann: Aufbau und Leitung eines Trauercafés
‎ Verlag: tredition; 1. Edition (23. November 2017)
Taschenbuch: 104 Seiten
ISBN-10 ‏ : ‎ 3743929481
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3743929487
Euro: 8,99

 

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